Verfahrensinformation



Die Beteiligten streiten um die Frage, ob verselbständigte Teile und Stellen des Bundesnachrichtendienstes, in denen kein Personalrat gebildet wurde, zum Geschäftsbereich des Personalrats der Zentrale (Antragsteller) gehören.


Der Bundesnachrichtendienst besteht aus der Zentrale in Berlin und dezentralen Organisationseinheiten, wobei Teile und Stellen des Bundesnachrichtendienstes, die nicht zur Zentrale gehören, kraft Gesetzes als Dienststellen im Sinne des Bundespersonalvertretungsgesetzes gelten. Nicht in allen Teildienststellen werden örtliche Personalräte gebildet.


Der Antragsteller, der von den Beschäftigten der Zentrale zu wählen ist, begehrt die Feststellung, dass zu seinem Geschäftsbereich auch alle Stellen und Teile des Bundesnachrichtendienstes gehören, für die kein örtlicher Personalrat gebildet ist. Des Weiteren begehrt er festzustellen, dass er über die genannten Stellen sowie die dort verwendeten Mitarbeiter vollständig zu unterrichten ist. Der als Dienststellenleiter am Verfahren beteiligte Präsident des Bundesnachrichtendienstes tritt dem entgegen. Seiner Ansicht nach ist der Gesamtpersonalrat beim Bundesnachrichtendienst, der von allen Beschäftigten des Dienstes zu wählen ist, auch für die Angelegenheiten der Teildienststellen im In- und Ausland zuständig, die über keinen eigenen örtlichen Personalrat verfügen.


Pressemitteilung Nr. 41/2025 vom 22.05.2025

Keine Zuständigkeit des Personalrats der Zentrale für verselbständigte Teile und Stellen des Bundesnachrichtendienstes

Die nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz als Dienststellen geltenden Teile und Stellen des Bundesnachrichtendienstes ohne örtlichen Personalrat fallen nicht in die Zuständigkeit des Personalrats der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Der Bundesnachrichtendienst besteht aus der Zentrale in Berlin und dezentralen Organisationseinheiten im In- und Ausland. Teile und Stellen, die nicht zur Zentrale gehören, gelten kraft Gesetzes (nach § 112 Abs. 1 Satz 1 des Bundespersonalvertretungsgesetzes – BPersVG) als (selbstständige) Dienststellen. Nicht in allen von ihnen werden örtliche Personalräte gebildet. Der Antragsteller, der Personalrat der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes, begehrt die Feststellung, dass er als örtlicher Personalrat auch für diese Dienststellen zuständig sei. Das erst- und letztinstanzlich zuständige Bundesverwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt.


Die Zuständigkeit des Personalrats der Zentrale erstreckt sich nicht auf die Angelegenheiten von Beschäftigten solcher Dienststellen, die nach § 112 Abs. 1 Satz 1 BPersVG verselbständigt sind, aber keinen Personalrat haben. Diese Dienststellen sind aufgrund ihrer Verselbständigung personalvertretungsrechtlich nicht der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes zuzuordnen. Das gilt zum einen für Dienststellen, die über die nach § 13 Abs. 1 BPersVG für die Bildung eines Personalrats vorgeschriebene Anzahl an wahlberechtigten und wählbaren Beschäftigten verfügen, aber aus welchen Gründen auch immer keinen Personalrat haben. Zum anderen gilt dies für nach dieser Vorschrift nicht personalratsfähige Dienststellen. Denn die Verselbständigungsfiktion des § 112 Abs. 1 Satz 1 BPersVG setzt nicht die Personalratsfähigkeit voraus. Das folgt aus dem systematischen Bezug zu § 112 Abs. 5 Satz 4 BPersVG. Darüber hinaus entspricht dies dem Zweck der Sonderregelung des § 112 BPersVG, die einzelnen Arbeitsbereiche wegen der besonderen Sicherheitsbedürfnisse des Bundesnachrichtendienstes auch untereinander abzuschotten. Der Kreis der Personen, denen Einblick in personelle und organisatorische Strukturen des Dienstes gewährt wird, ist danach möglichst eng zu halten. Dem liefe eine Erstreckung der Zuständigkeit des Personalrats der Zentrale auf weitere Dienststellen zuwider.


Aus den gleichen Gründen hatte auch die Anfechtung der Wahl des Personalrats der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes vom 23. April 2024 in einem weiteren Verfahren keinen Erfolg.


BVerwG 5 PA 1.24 - Beschluss vom 22. Mai 2025

BVerwG 5 PA 3.24 - Beschluss vom 22. Mai 2025


Beschluss vom 22.05.2025 -
BVerwG 5 PA 1.24ECLI:DE:BVerwG:2025:220525B5PA1.24.0

Keine Zuständigkeit des Personalrats der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes für als Dienststelle geltende Teile und Stellen des Bundesnachrichtendienstes

Leitsatz:

Die Zuständigkeit des Personalrats der Zentrale beim Bundesnachrichtendienst erstreckt sich nicht auf die Wahrnehmung von Angelegenheiten der Beschäftigten solcher Teile und Stellen des Bundesnachrichtendienstes, die nach § 112 Abs. 1 Satz 1 BPersVG personalvertretungsrechtlich als verselbstständigte Dienststellen gelten, aber über keinen örtlichen Personalrat verfügen.

  • Rechtsquellen
    BPersVG § 4 Abs. 1 Nr. 6, § 6 Abs. 1 Satz 2, § 7 Satz 1, § 13 Abs. 1 und 2, § 92 Abs. 1 und 2, § 95 Abs. 1, § 112 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 5 Satz 4, Abs. 8 Satz 1
    BPersVG a. F. § 6 Abs. 1 und 3, § 12 Abs. 1, § 86 Nr. 1

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 22.05.2025 - 5 PA 1.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:220525B5PA1.24.0]

Beschluss

BVerwG 5 PA 1.24

In der Personalvertretungssache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Anhörung vom 22. Mai 2025 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer, die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen-Weiß und Dr. Harms sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht Holtbrügge und Preisner beschlossen:

Der Antrag wird abgelehnt.

Gründe

I

1 Die Verfahrensbeteiligten streiten darüber, ob der Antragsteller (der Personalrat der Zentrale beim Bundesnachrichtendienst) für Teile und Stellen des Bundesnachrichtendienstes zuständig ist, in denen kein örtlicher Personalrat gebildet wurde.

2 Der Bundesnachrichtendienst besteht aus der Zentrale in Berlin und dezentralen Organisationseinheiten im In- und Ausland. Teile und Stellen, die nicht zur Zentrale gehören, gelten kraft Gesetzes als (selbstständige) Dienststellen (§ 112 Abs. 1 Satz 1 BPersVG). Nicht in allen dieser Teildienststellen werden Personalräte gebildet. Die Bildung unterbleibt, wenn die Teildienststellen nicht über genügend wahlberechtigte und wählbare Beschäftigte verfügen und deshalb in rechtlicher Hinsicht nicht personalratsfähig sind, oder wenn Teildienststellen zwar personalratsfähig sind, in ihnen aber aus sonstigen Gründen (z. B. mangels Interesses der Beschäftigten) ein Personalrat tatsächlich nicht gewählt worden ist.

3 Der Antragsteller ist der Auffassung, dass er - wie bis zu der durch eine Gesetzesänderung im Jahr 2016 bewirkten Einführung eines Gesamtpersonalrats beim Bundesnachrichtendienst - für alle Teildienststellen im In- und Ausland zuständig sei, die über keinen örtlichen Personalrat verfügen. Er macht insbesondere geltend, es bestehe in diesen Fällen keine unmittelbare Auffangzuständigkeit des Gesamtpersonalrats. Außenstellen ohne (örtlichen) Personalrat seien in dem für den Bundesnachrichtendienst geltenden sogenannten modifizierten Gesamtpersonalratsmodell systemfremd. Sie gehörten daher zwingend zum Geschäftsbereich des Personalrats der Zentrale, dem dann jeweils die Funktion des örtlichen Personalrats zukomme. Voraussetzung für das Eingreifen der Dienststellenfiktion nach § 112 Abs. 1 BPersVG sei - wie in § 7 BPersVG –, dass die Außenstellen gemäß § 13 Abs. 1 BPersVG personalratsfähig seien, ansonsten gehörten sie zum Personalrat der Hauptstelle. Aus § 112 Abs. 5 Satz 4 BPersVG, wonach der Präsident des Bundesnachrichtendienstes die Anwendung der Zuordnungsregel des § 13 Abs. 2 BPersVG ausschließen könne, folge nichts Gegenteiliges. Die Regelung laufe leer und ermögliche schon deshalb keine personalratslosen Bereiche.

4 Der Antragsteller beantragt,
festzustellen, dass zum Geschäftsbereich des Antragstellers auch alle Stellen und Teile des Bundesnachrichtendienstes gehören, für die kein Personalrat gebildet ist.

5 Der Beteiligte beantragt,
den Antrag abzulehnen.

6 Er bestreitet die vom Antragsteller beanspruchte Zuständigkeit für die (verselbstständigten) Stellen und Teile des Bundesnachrichtendienstes ohne Personalrat und tritt dem Vorbringen des Antragstellers im Einzelnen entgegen.

II

7 Der zulässige Feststellungsantrag, über den der Senat gemäß § 112 Abs. 8 Satz 1 BPersVG im ersten und letzten Rechtszug zu entscheiden hat, ist nicht begründet.

8 1. Der Antrag ist - wie der Antragsteller in der mündlichen Anhörung klargestellt hat - dahin zu verstehen, dass es ihm mit der Bezugnahme auf seinen Geschäftsbereich um die Feststellung seiner Zuständigkeit für die Wahrnehmung von Beteiligungsrechten der Beschäftigten aller Teile und Stellen des Bundesnachrichtendienstes geht, in denen entweder mangels Personalratsfähigkeit oder aus sonstigen Gründen kein Personalrat gebildet wurde. Er begehrt damit die Feststellung seiner Wahrnehmungszuständigkeit (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 11. Oktober 2024 - 5 PA 1.23 - BVerwGE 183, 259 Rn. 11 f., 14) für diese Stellen und Teile des Bundesnachrichtendienstes.

9 2. Der mit diesem Inhalt zulässige Feststellungsantrag ist unbegründet, weil der Antragsteller weder für diejenigen Teile und Stellen des Bundesnachrichtendienstes im Sinne des § 112 Abs. 1 Satz 1 BPersVG zuständig ist, in denen mangels Personalratsfähigkeit kein Personalrat gebildet werden kann (a), noch für diejenigen Teildienststellen, die aus sonstigen Gründen über keinen Personalrat verfügen (b).

10 a) Der Antragsteller ist nicht für diejenigen Teile und Stellen des Bundesnachrichtendienstes im Sinne von § 112 Abs. 1 Satz 1 BPersVG zuständig, die nicht personalratsfähig sind. Die Personalratsfähigkeit bestimmt sich nach § 13 Abs. 1 BPersVG. Danach werden Personalräte (nur) in Dienststellen gebildet, die in der Regel mindestens fünf Wahlberechtigte beschäftigen, von denen drei wählbar sind.

11 Die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen dem Antragsteller als dem Personalrat der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes und dem seit dem Inkrafttreten der Änderungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes durch das Gesetz vom 29. August 2016 (BGBl. I S. 2065) beim Bundesnachrichtendienst zu bildenden Gesamtpersonalrat richtet sich mangels einer besonderen Bestimmung in § 112 BPersVG nach den allgemeinen Regelungen des § 95 i. V. m. § 92 BPersVG (BVerwG, Beschlüsse vom 24. Februar 2022 - 5 A 7.20 - NVwZ-RR 2022, 584 Rn. 18 f. und vom 11. Oktober 2024 - 5 PA 1.23 - BVerwGE 183, 259 Rn. 13 f., jeweils m. w. N.). Gemäß § 95 Abs. 1 BPersVG gilt für die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Personalrat und Gesamtpersonalrat § 92 Abs. 1 und 2 BPersVG entsprechend. Nach § 92 Abs. 1 BPersVG ist in Angelegenheiten, in denen die Dienststelle nicht zur Entscheidung befugt ist, an Stelle des Personalrats die bei der zuständigen Dienststelle gebildete Stufenvertretung zu beteiligen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass danach der örtliche Personalrat der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes für die Wahrnehmung eines Beteiligungsrechts zuständig ist, wenn der Präsident des Bundesnachrichtendienstes im Rahmen seiner Entscheidungsbefugnis die Durchführung einer Maßnahme beabsichtigt, die nur die Beschäftigten der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes betrifft (BVerwG, Beschluss vom 11. Oktober 2024 - 5 PA 1.23 - BVerwGE 183, 259 Rn. 14 m. w. N.). Die vom Antragsteller behauptete Zuständigkeit wäre danach nur dann zu bejahen, wenn die Beschäftigten in den nicht personalratsfähigen Stellen und Teilen des Bundesnachrichtendienstes als Beschäftigte der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes anzusehen und dieser personalvertretungsrechtlich zuzuordnen sind. Das ist jedoch nicht der Fall.

12 aa) Die nicht gemäß § 13 Abs. 1 BPersVG personalratsfähigen Teile und Stellen des Bundesnachrichtendienstes sind dem Personalrat der Zentrale nicht gemäß § 13 Abs. 2 BPersVG vom Bundeskanzleramt zugeordnet worden. Danach werden Dienststellen, bei denen die Voraussetzungen für die Personalratsfähigkeit gemäß § 13 Abs. 1 BPersVG nicht gegeben sind, von der übergeordneten Dienststelle im Einvernehmen mit der Stufenvertretung einer benachbarten Dienststelle zugeordnet. Die Vorschrift gilt zwar auch im Bereich des Bundesnachrichtendienstes, wie sich im Rückschluss aus § 112 Abs. 5 Satz 4 BPersVG ergibt, wonach die Präsidentin oder der Präsident des Bundesnachrichtendienstes die Anwendung des § 13 Abs. 2 BPersVG ausschließen kann. Die damit grundsätzlich auch für den Bundesnachrichtendienst geltende Anordnung des § 13 Abs. 2 BPersVG, dass eine Zuordnung von nicht personalratsfähigen Teildienststellen zu einer benachbarten Dienststelle - dies muss nicht notwendig die Zentrale sein - zu erfolgen hat, ist für diesen jedoch wirksam ausgeschlossen worden. Denn der Beteiligte hat (mit der in den Monatsgesprächen am 16. und 17. November 2023 kundgetanen Entscheidung für die Variante II des internen Gutachtens) für alle "Kleindienststellen" im In- und Ausland eine Zuordnung abgelehnt und damit der Sache nach seine aus § 112 Abs. 5 Satz 4 BPersVG folgende Kompetenz in Anspruch genommen, die Anwendung der Zuordnungsregelung des § 13 Abs. 2 BPersVG insoweit auszuschließen.

13 bb) Die Beschäftigten der nicht personalratsfähigen Teile und Stellen des Bundesnachrichtendienstes sind auch nicht nach § 112 Abs. 1 Satz 1 BPersVG der Zentrale zugeordnet. Danach gelten Teile und Stellen des Bundesnachrichtendienstes, die nicht zur Zentrale des Bundesnachrichtendienstes gehören, als Dienststellen im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 6 BPersVG. In Zweifelsfällen entscheidet die Präsidentin oder der Präsident des Bundesnachrichtendienstes über die Dienststelleneigenschaft (§ 112 Abs. 1 Satz 2 BPersVG).

14 Der Bundesnachrichtendienst besteht danach personalvertretungsrechtlich einerseits aus der Zentrale (einschließlich derjenigen Teile und Stellen, die ihr - wie etwa bestimmte Liegenschaften in Berlin - bereits aus räumlichen oder sachlichen Gründen zugeordnet sind, und deshalb zur Zentrale im Sinne von § 112 Abs. 1 Satz 1 BPersVG gehören) und andererseits aus dezentralen Organisationseinheiten. Dabei wird unausgesprochen als selbstverständlich vorausgesetzt, dass die Zentrale des Bundesnachrichtendienstes unabhängig von den anderen Organisationseinheiten die Merkmale einer Dienststelle im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 6 BPersVG erfüllt, die in § 6 Abs. 1 Satz 2 BPersVG näher konkretisiert werden. Für die anderen sich als Teile und Stellen des Bundesnachrichtendienstes darstellenden Organisationseinheiten wird dies dagegen nach § 112 Abs. 1 Satz 1 BPersVG fingiert. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass ihnen die Dienststelleneigenschaft nach dieser Bestimmung unabhängig davon zukommt, ob die in § 4 Abs. 1 Nr. 6 und § 6 Abs. 1 Satz 2 BPersVG vorausgesetzten materiellen Merkmale, nämlich die Selbstständigkeit nach Aufgabenbereich und Organisation im Sinne dieser Vorschriften, gegeben sind (vgl. bereits BVerwG, Beschluss vom 26. November 2008 - 6 P 7.08 - BVerwGE 132, 276 Rn. 27 m. w. N. zu den inhaltsgleichen Regelungen in § 86 Nr. 1 Satz 1 sowie § 6 Abs. 1 BPersVG a. F.). Aus der beschriebenen Zweiteilung folgt zugleich, dass die gemäß § 112 Abs. 1 Satz 1 BPersVG als selbstständig fingierten Organisationseinheiten nicht zur Zentrale gehören und ihr deshalb auch nicht die dort Beschäftigten personalvertretungsrechtlich zugeordnet sind. Eine Zuständigkeit der Zentrale für nicht personalratsfähige Organisationseinheiten käme danach nur in Betracht, wenn das Eintreten der Dienststellenfiktion des § 112 Abs. 1 Satz 1 BPersVG an die Personalratsfähigkeit dieser Teile und Stellen des Bundesnachrichtendienstes geknüpft wäre. Das ist indes entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht der Fall. Der Eintritt der Fiktionswirkung des § 112 Abs. 1 Satz 1 BPersVG setzt, wie sich im Wege der Auslegung dieser Vorschrift ergibt, nicht voraus, dass die genannten Teile und Stellen gemäß § 13 Abs. 1 BPersVG personalratsfähig sind.

15 (1) Der Text des § 112 Abs. 1 Satz 1 BPersVG bietet für das Erfordernis der Personalratsfähigkeit keinen Anhaltspunkt. Nach ihrem Wortlaut verlangt die Vorschrift für den Eintritt der Verselbstständigungsfiktion lediglich, dass die Teile und Stellen nicht zur Zentrale gehören. Das schließt das auf gewichtige Gründe gestützte Hineinlesen einer weiteren ungeschriebenen Tatbestandsvoraussetzung zwar nicht zwingend aus, spricht aber schon in deutlicher Weise gegen diese Annahme.

16 (2) Ein Schluss darauf, dass sich die Personalratsfähigkeit als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der Verselbstständigungsfiktion darstellt, ist auch nicht mit Blick auf die Gesetzessystematik gerechtfertigt.

17 Ein solcher Schluss lässt sich entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht aus einem Zusammenhang mit der Regelung des § 7 Satz 1 BPersVG herleiten. Danach gelten Nebenstellen und Teile einer Dienststelle, die räumlich weit von dieser entfernt liegen, als selbstständige Dienststellen, wenn die Mehrheit ihrer wahlberechtigten Beschäftigten dies in geheimer Abstimmung beschließt. § 7 Satz 1 BPersVG ist zwar wie seine Vorgängerregelung in § 6 Abs. 3 BPersVG a. F. das personalvertretungsrechtliche Grundmodell für die Aufteilung einer Dienststelle in eine Zentrale und als selbstständig fingierte dezentrale Einheiten. Dieses hat allerdings in § 112 Abs. 1 BPersVG ebenso wie in der inhaltsgleichen Vorgängerregelung des § 86 Nr. 1 BPersVG a. F. eine spezielle Ausformung für den Bundesnachrichtendienst gefunden. Der Bundesnachrichtendienst ist danach personalvertretungsrechtlich als modifizierte Gesamtdienststelle zu betrachten, wobei nicht ausgeschlossen ist, für das Verständnis des § 112 Abs. 1 BPersVG auf Regeln, Grundsätze und Rechtsgedanken des Grundmodells einer Gesamtdienststelle nach § 7 Satz 1 BPersVG zurückzugreifen, soweit spezielle Regelungen für den Bundesnachrichtendienst dies nicht verbieten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. November 2008 - 6 P 7.08 - BVerwGE 132, 276 Rn. 28 ff.).

18 Zwar wird für die Verselbstständigung von Nebenstellen gemäß § 7 Satz 1 BPersVG (§ 6 Abs. 3 BPersVG a. F.) in Rechtsprechung und Literatur angenommen, dass die Personalratsfähigkeit gemäß § 13 Abs. 1 BPersVG (§ 12 Abs. 1 BPersVG a. F.) eine immanente Voraussetzung für die Wirksamkeit eines Verselbstständigungsbeschlusses darstellt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. Mai 1991 - 6 P 12.89 - Buchholz 250 § 6 BPersVG Nr. 12 S. 13, 16, vom 26. November 2008 - 6 P 7.08 - BVerwGE 132, 276 Rn. 34 und vom 13. September 2010 - 6 P 14.09 - Buchholz 251.92 § 71 PersVG LSA Nr. 2 Rn. 11; Hebeler, in: Lorenzen/​Gerhold/​Schlatmann u. a., Bundespersonalvertretungsgesetz, Stand Mai 2025, § 7 BPersVG 2021 Rn. 7 m. w. N.). Daraus ist aber nicht der Schluss zu ziehen, dass dies auch für die Verselbstständigungsfiktion des § 112 Abs. 1 Satz 1 BPersVG (bzw. des § 86 Nr. 1 BPersVG a. F.) gilt. Vielmehr ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts schon bisher zu Recht zwischen der Verselbstständigungsfiktion für Teildienststellen im Bereich des Bundesnachrichtendienstes einerseits und der Personalratsfähigkeit andererseits unterschieden worden (dies wird in BVerwG, Beschluss vom 26. November 2008 - 6 P 7.08 - BVerwGE 132, 276 Rn. 42 durch den Verweis auf BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 1991 - 6 P 5.91 - Buchholz 250 § 47 BPersVG Nr. 7 S. 10 deutlich, wonach gemäß § 86 Nr. 1 BPersVG a. F. Teile und Stellen des Bundesnachrichtendienstes, die nicht zur Zentrale gehören, als Dienststellen im Sinne des § 6 Abs. 1 BPersVG a. F. gelten und deshalb unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 BPersVG a. F. personalratspflichtig sind).

19 Jedenfalls spricht der systematische Zusammenhang, in dem § 112 Abs. 1 Satz 1 BPersVG zu der Regelung des § 112 Abs. 5 Satz 4 BPersVG steht, mit erheblichem Gewicht gegen die Annahme der Personalratsfähigkeit als einer immanenten Voraussetzung der Verselbstständigungsfiktion. Die in der zuletzt genannten Vorschrift geregelte Ausschlussmöglichkeit stellt eine Ausnahme von § 13 Abs. 2 BPersVG dar, der für Dienststellen, die nicht personalratsfähig sind, zwingend die Zuordnung zu einer benachbarten Dienststelle anordnet. Da § 13 Abs. 2 BPersVG ebenso wie § 13 Abs. 1 BPersVG das Bestehen einer (selbstständigen) Dienststelle oder jedenfalls ihrer gesetzlichen Fingierung voraussetzt, bedürfte es der Ausnahmeregelung des § 112 Abs. 5 Satz 4 BPersVG nicht, wenn die Verselbstständigungsfiktion des § 112 Abs. 1 Satz 1 BPersVG ohnehin nur bei personalratsfähigen Teilen und Stellen eingreifen würde.

20 (3) Der vorgenannte Auslegungsbefund wird durch den sich aus den Gesetzgebungsmaterialien ergebenden Sinn und Zweck des § 112 Abs. 1 Satz 1 BPersVG bestätigt, der sich von demjenigen des § 7 Satz 1 BPersVG maßgeblich unterscheidet. Zweck des § 7 Satz 1 BPersVG ist es zu gewährleisten, dass in einer von der Dienststelle weit entfernt liegenden Teil- oder Nebenstelle aufgrund eines Verselbstständigungsbeschlusses der dort Beschäftigten ein Personalrat gebildet werden kann. Dieser Zweck kann aber von vornherein nicht erreicht werden, wenn sich der Verselbstständigungsbeschluss auf eine Teildienststelle bezieht, in der wegen einer zu geringen Beschäftigtenzahl eine Personalratsbildung gar nicht möglich ist und die deshalb gemäß § 13 Abs. 2 BPersVG einer anderen Dienststelle zugeordnet werden müsste.

21 Dagegen soll die Verselbstständigungsfiktion des § 112 Abs. 1 Satz 1 BPersVG nicht nur die Bildung von Personalräten in Teilen und Stellen des Bundesnachrichtendienstes ermöglichen, die den Dienststellenbegriff nicht erfüllen, sondern dient wie viele andere der in § 112 BPersVG getroffenen Sonderregelungen auch den Geheimhaltungs- und Abschottungsinteressen des Bundesnachrichtendienstes. Der Gesetzgeber wollte mit der Sonderregelung in § 86 BPersVG a. F., die inhaltlich dem § 112 BPersVG weitgehend entspricht, vermeiden, dass Unbefugte Einblick in personelle und organisatorische Strukturen des Bundesnachrichtendienstes erhalten können und den Kreis der Personen, denen entsprechende Einblicke gewährt werden, deshalb möglichst eng halten (vgl. BT-Drs. 7/176 S. 35 zu § 82). Er wollte dem von Sicherheitsüberlegungen geprägten Bedürfnis Rechnung tragen, die einzelnen Arbeitseinheiten des Bundesnachrichtendienstes auch untereinander abzuschotten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. November 2008 - 6 P 7.08 - BVerwGE 132, 276 Rn. 51 m. w. N.). Dem darin zum Ausdruck kommenden Zweck, den Geheimschutz auch nach innen zu gewährleisten, dem auch § 112 Abs. 1 Satz 1 BPersVG dient, widerspräche es, die nicht personalratsfähigen Organisationseinheiten personalvertretungsrechtlich der Zentrale zuzuordnen und damit die Wahrnehmungszuständigkeit des Antragstellers zu begründen. Denn für diese ist wie für alle Dienststellen des Bundesnachrichtendienstes unter bestimmten Voraussetzungen auch der Gesamtpersonalrat zuständig, der von den Beschäftigten der Außenstellen und Residenturen ebenfalls gewählt wird, sodass eine weitere Personalvertretung außerhalb der eigentlichen Teildienststelle Einblick in deren innere Angelegenheiten erhalten würde. Das gilt umso mehr, als eine Wahrnehmungszuständigkeit des Personalrats der Zentrale für die nicht personalvertretungsfähigen Außenstellen auch unter dem Gesichtspunkt einer ortsnahen personalvertretungsrechtlichen Betreuung keinen Mehrwert brächte, weil der Personalrat der Zentrale räumlich in der Regel eher weit von den betreffenden Außenstellen entfernt ist.

22 Dem steht nicht entgegen, dass bis zur Errichtung eines Gesamtpersonalrats beim Bundesnachrichtendienst der Personalrat der Zentrale neben seiner Aufgabe als örtlicher (Haus-)Personalrat zugleich die Funktion der Stufenvertretung und des Gesamtpersonalrats wahrzunehmen hatte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. November 2008 - 6 P 7.08 - BVerwGE 132, 276 Rn. 44 f.). Zum einen ordnet § 112 Abs. 4 BPersVG nunmehr an, dass die Beschäftigten des Bundesnachrichtendienstes keine Stufenvertretung wählen (Satz 2) und dass, soweit eine Stufenvertretung zuständig ist, an ihrer Stelle der Gesamtpersonalrat zu beteiligen ist (Satz 3). Zum anderen ändert die frühere Zuständigkeitsregelung nichts an der Geltung des Abschottungsprinzips, das auch auf die mit der Einrichtung eines Gesamtpersonalrats veränderte personalvertretungsrechtliche Situation des Bundesnachrichtendienstes Anwendung findet. Der Gesetzgeber hat vielmehr in Kauf genommen, dass die gemäß § 112 Abs. 1 Satz 1 BPersVG als verselbstständigt geltenden Dienststellen ohne eigenen (örtlichen) Personalrat bleiben, wenn sie nicht personalratsfähig sind. Personalratspflichtig können sie erst werden, wenn sie über die gemäß § 13 Abs. 1 BPersVG (§ 12 Abs. 1 BPersVG a. F.) für die Personalratsfähigkeit erforderliche Zahl von Beschäftigten verfügen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11. Dezember 1991 - 6 P 5.91 - Buchholz 250 § 47 BPersVG Nr. 7 S. 10 und vom 26. November 2008 - 6 P 7.08 - BVerwGE 132, 276 Rn. 42; Schlatmann, in: Lorenzen/​Gerhold/​Schlatmann u. a., Bundespersonalvertretungsgesetz, Stand Mai 2025, § 86 BPersVG a. F. Rn. 14; Baunack, in: Altvater/​Baden/​Baunack u. a., BPersVG, 11. Aufl. 2023, § 112 Rn. 8). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen des Antragstellers, einer systemwidrigen Existenz einer personalratslosen Dienststelle könne entgegen der Auffassung des Beteiligten nicht mit der von diesem angenommenen Auffangzuständigkeit des Gesamtpersonalrats begegnet werden, da dies weder zulässig noch vergleichbar sei, weil der Gesamtpersonalrat weder eine Sprechstunde anbieten noch eine Personalversammlung durchführen müsse. Die Beantwortung der Frage, ob und ggf. inwieweit dem Gesamtpersonalrat in solchen Fällen eine Auffangzuständigkeit zukommt, ist als solche weder Gegenstand des vorliegenden Verfahrens noch ist aufgezeigt oder erkennbar, dass ihr für die Beurteilung der hier in Rede stehenden Auslegungsfrage nach der Wahrnehmungszuständigkeit des Antragstellers eine beachtliche Bedeutung beizumessen ist.

23 b) Der Antragsteller ist auch nicht für die gemäß § 112 Abs. 1 Satz 1 BPersVG als selbstständige Dienststellen geltenden Teildienststellen zuständig, die gemäß § 13 Abs. 1 BPersVG zwar personalratsfähig sind, aber dennoch über keinen Personalrat verfügen.

24 Voraussetzung für eine Zuständigkeit des Antragstellers ist auch hier, dass gemäß § 95 i. V. m. § 92 Abs. 1 BPersVG analog nur die Beschäftigten der Zentrale betroffen sind, wobei sich die dazu erforderliche Zuordnung der betreffenden Dienststellen zur Zentrale allenfalls aus § 112 Abs. 1 Satz 1 BPersVG ergeben kann. Ist nach dem oben Ausgeführten bereits eine Zuordnung der nicht personalratsfähigen, aber dennoch als selbstständig fingierten Teildienststellen zur Zentrale ausgeschlossen, gilt dies erst recht für die gemäß § 13 Abs. 1 BPersVG personalratsfähigen Teildienststellen im Sinne des § 112 Abs. 1 Satz 1 BPersVG, in denen - aus welchen Gründen auch immer – (noch) kein Personalrat gebildet wurde. Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck der Regelung ergeben keinerlei Anhaltspunkte für eine gegenteilige Auslegung. Bereits der Wortlaut des § 112 Abs. 1 Satz 1 BPersVG macht den Eintritt der Verselbstständigungsfiktion nicht von der Bildung eines Personalrats abhängig. Er spricht vielmehr in gewichtiger Weise dafür, dass diese Fiktion für eine Teildienststelle außerhalb der Zentrale unabhängig davon eintritt, ob in dieser ein Personalrat gewählt worden ist oder nicht. Das Gleiche gilt für den Zusammenhang mit § 7 Satz 1 BPersVG, wonach die Verselbstständigungsfiktion infolge eines entsprechenden Beschlusses die Bildung eines Personalrats gerade ermöglichen soll und deshalb ebenfalls nicht voraussetzt, dass ein Personalrat bereits gebildet ist. Dies wird durch Sinn und Zweck des § 112 Abs. 1 Satz 1 BPersVG bestätigt, der, wie oben dargelegt, nicht nur die Bildung von Personalräten ermöglichen, sondern zugleich auch den Geheimhaltungs- und Abschottungsinteressen des Bundesnachrichtendienstes dienen soll.